"Nachdem die Markgrafschaft Baden-Baden im Laufe des 16. Jahrhunderts nach dem damals geltenden Fürstenrechte bereits siebenmal (!) das Religionsbekenntniß gewechselt hatte, kam im Jahre 1622 nach der Schlacht von Wimpfen der streng katholisch gesinnte Markgraf Wilhelm von Baden an die Regierung, der von dem "ius reformandi" Gebrauch machend, sein Erbland wieder zur katholischen Kirche zurückführte." (vgl. FDA XI, 116-119).
Zur Förderung der humanistischen Studien und einer guten Jugenderziehung wollte der Markgraf bereits im Jahre 1630 den Vätern der Gesellschaft Jesu in seiner Hauptstadt Baden ein Collegium errichten und demselben die zu Ottersweier liegenden bedeutenden Güter des von Württemberg aufgehobenen Cistercienserklosters Herrenalb zuwenden, was jedoch vor der Hand nicht zur Ausführung kam.
Der zweitgeborene Sohn des Markgrafen, Leopold Wilhelm, hatte die Investitur auf das Rektorat Ottersweier erhalten. Da aber das alte Recoratshaus mit 50 anderen Gebäuden im Kroatenkrieg in Flammen aufgegangen, so hätten die Patres bald da, bald dort Unterkommen und Nahrung suchen müssen. Die Patres nannten sich missionarii und richteten bereits im Jahre 1639 das dem abgebrannten Pfarrhofe gegenüberstehende Kaplaneihaus der St.-Michaels-Pfründe zu einem Missionshaus oder Hospitium ein.
Unterm 16. März 1641 wurde den Badener Jesuiten die Administration des Rectorates Ottersweier im Geistlichen und Weltlichen förmlich übertragen. Die Stiftung des Jesuitencollegiums zu Baden kam 1642 zustande.
Da der Markgraf geneigt war, das seinem Patronate unterstehende Rectorat Ottersweier, das mit der Mehrzahl seiner Güter auf ortenau-österreich-ischem Gebiete lag, ebenfalls dem Badener Colleg zu incorporiren und bereits Verhandlungen deswegen mit der bischöflichen Curie zu Straßburg gepflogen wurden, setzte man von seiten der ortenauischen Beamten alles in Bewegung, dies zu hintertreiben.
Als unterm 20. October 1650 Prinz Leopold Wilhelm das Rectorat resignirte, präsentierte der Markgraf seinen drittgeborenen Sohn Hermann darauf. Die Verwaltung der Pfarrei blieb nach wie vor in den Händen der Jesuiten. Eine Renovation der Güter, Zehnten und Gefälle des Rectorates wurde 1652 vorgenommen und im Jahre 1663 das bisherige Missionshaus zu Ottersweier in ein vom Badener Collegium unabhängiges Nebencollegium, in eine sog. Residenz, umgewandelt.
Nach dem Verzicht von Prinz Hermann im Jahre 1671 erhielt sein Bruder Karl Bernhard die Investitur. Es war dies der dritte badische Prinz, der Pfarr-Rector von Ottersweier wurde (die Prinzen hatten nur die Tonsur empfangen und traten später zum Militärdienst über. Leopold Wilhelm und Hermann haben sich als tüchtige Feldherren Lorbeeren errungen).
Von 1686 bis 1774 galten die Rectoren des Collegiums in Baden, in deren Namen die Superiore der Ottersweirer Residenz die dortige Pfarrei, sowie die Pfarrei Bühl durch ihre Patres versehen ließen, rechtlich als Pfarrer von Ottersweier und Bühl, ohne daß sie als indessen inverstirt wurden.
Unter dem ersten Superior der Residenz Ottersweier, Pater Bartholomäus Bollmeyer, wurde von 1680 bis 1692 an der Stelle des alten Missionshauses die neue, stattliche Residenz (jetzt Rathaus) erbaut.
Eine besonders eifrige Pflege wandten die Patres der zur Pfarrei Ottersweier gehörigen, viel besuchten Wallfahrt Maria-Linden zu. Schon 1655 sagen die Pfarr-Acten:
"Der größere Theil der Ottersweierer Einwohner erkennt dankbar an, daß durch die Bemühungen der Gesellschaft Jesu der Cult der seligsten Jungfrau bei den Linden immer mehr zugenommen und die Andacht daselbst derart in Flor gekommen, wie es früher unter den Rectoren aus dem Weltklerus niemals der Fall gewesen."
Wenige Jahre vor der Aufhebung des Ordens erbaute Superior Anton Gremans die gegenwärtig noch stehende Wallfahrtskirche.
Kaum hundert Jahre hatte die Residenz zu Ottersweier bestanden. Nachdem Papst Clemes XIV. durch das "Breve Dominus ac Redemptor noster" vom 21. Juli 1773 die Aufhebung der Gesellschaft Jesu verkündigt hatte, endete die segensreiche Zeit. Das Haus wurde Staatsgut.
Das Lehr- und Erziehungsinstitut wurde nach vierzigjähriger segensreicher Wirksamkeit zu Ottersweier am 1. Juni 1823 von da nach Offenburg verlegt. Bereits seit dem Jahre 1803 hatte sich die Stadt Offenburg bei der großherzoglichen Regierung eifrig bemüht, die Anstalt, die eines vorzüglichen Rufes sich erfreute, zu gewinnen. Nach einem unterm 29. Februar 1820 erfolgten Vertrag zwischen der Stadt Offenburg und der Gemeinde Ottersweier hatte sich erstere bereit erklärt, letztere für die Verlegung des Institutes mit einer Summe von 6.000 Gulden zu entschädigen.
1999/2000 wurde eine Landesausstellung "Vorderösterreich - nur die Schwanzfeder des Kaiseradlers ? - Die Habsburger im deutschen Südwesten" präsentiert. Aus dieser Sicht gesehen war Ottersweier der äußerste Rand der Feder, denn aus der geographischen Schau dürfte die Gemeinde der nördlichste Gebietsteil gewesen sein.